Passionsandacht zu dem Lied "Die Stimme Jesu sprach zu mir" am 3. Sonntag der Passionszeit (Okuli)

Sat, 06 Mar 2021 23:00:01 +0000 von Annika Köllner

Text: Pastorin Anne Stucke
Musik: Kantorin Annika Köllner

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Amen.

Seien Sie herzlich willkommen, als Lesende oder Hörende, zu dieser Andacht in der Passionszeit.
„Singet dem Herrn ein neues Lied“ - mehrere Psalmen der Bibel rufen uns dazu auf.
Dass wir es seit einem Jahr nicht dürfen, wegen der Aerosole und der damit verbundenen Ansteckungsgefahr, vermissen viele Menschen sehr.
Denn Singen, so belegen es wissenschaftliche Untersuchungen, ist gesund für Leib und Seele.
Lieder berühren uns häufig noch einmal anders als Worte. Die Verbindung von Text und Musik, ein Rhythmus, eine fröhliche, beschwingte Melodie oder eine ernste und nachdenkliche, sprechen unsere Sinne mehrfach an.

Heute lassen wir uns von einem Lied aus der Church of England ansprechen, aus dem englischsprachigen Raum. Von der Melodie her ist es ein altes Lied aus dem Zeitalter der Reformation. Der Text stammt aus dem 19. Jahrhundert.

Doch hören und lesen Sie selbst:  

Die Stimme Jesu sprach zu mir: „Komm her, dann findest du, / erschöpft von deinem langen Weg, hier bei mir deine Ruh.“ / Ich kam zu Jesus, wie ich war, mit meinem schweren Mut. / Ihm legt' ich meine Lasten hin, er machte alles gut.

„Die Stimme Jesu sprach zu mir“ ist ein Lied für's Leben.
Es rührt mich dort an, wo ich mich von Gott erkannt fühle: in den Momenten, in denen die Worte Jesu durch mein Ohr bis in mein Herz dringen.
So, dass ich merke: ja, ich bin gemeint.

Die Passionszeit ist eine besondere Zeit. Sie eignet sich für die eigene persönliche Besinnung. Was bedeutet der Tod Jesu für mich ?
Wann und wo treffen mich Jesu Worte? Was rühren sie in mir an?

Dieses Passionslied „Die Stimme Jesu sprach zu mir“ stammt aus der Tradition der englischen Kirche. Die Melodie ist von Thomas Tallis (1505 – 1585), einem Komponisten zur Zeit der Reformation.
Den Text hat Horatius Bonar geschrieben (1808 – 1889): „I heard the voice of Jesus say“. 
Der englische Text wurde von Christina Falkenroth, Pastorin und Kirchenmusikerin, ins Deutsche übertragen.

Horatius Bonar war ein schottischer Pfarrer und Dichter. Er schrieb dieses Lied aus einer tiefen persönlichen Frömmigkeit heraus.
Er gehörte zu jenen Menschen, die das Besondere, „das Heilige“, das, was sie hoffen und glauben lässt, im Alltäglichen erkennen.

Bei der ersten Veröffentlichung des Liedes hat Bonar folgenden Vers aus dem Johannesevangelium vorangestellt: „Von seiner Fülle haben wir alle genommen Gnade um Gnade (Joh 1,16).
Dieser Vers drückt sowohl Bonars eigene geistliche Haltung aus, wie auch den Zuspruch von Gottes Gnade, die sich auftut, wenn ich die Stimme Jesu höre.

Durch einen klaren Aufbau der Strophen gelingt es dem Dichter, ein anrührendes und zeitloses Lied zu schaffen. Es kann zum Nachdenken über die Fülle von Gottes Gnade im eigenen Leben anregen.

Jede der drei Liedstrophen ist gleich aufgebaut:

  • Am Beginn steht  eine einladende Aussage von Jesus: „Die Stimme Jesu sprach zu mir: „Komm her, dann findest du (…) hier bei mir deine Ruh.“
 
  • Trifft die Aussage auf mich zu, fühle ich mich erkannt und gesehen: „erschöpft von deinem langen Weg.“

  • Ich antworte mit Vertrauen und lasse mich einladen: „Ich kam zu Jesus, wie ich war, mit meinem schweren Mut. Ihm legt ich meine Lasten hin.“

  • Für mein Vertrauen werde ich nicht enttäuscht, sondern mit seiner Gnade beschenkt „er machte alles gut.“
  
Die zweite Strophe setzt mit einer Frage ein:  Die Stimme Jesu sprach zu mir: „Fühlst du dich schwach und leer“?
Dann folgt die einladende Aussage: „Lebend'ges Wasser geb ich dir; dich dürstet nimmermehr.“
Mein Vertrauen, mich ihm zuzuwenden : „Ich kam zu Jesus“ , wird nicht enttäuscht, sondern wiederum belohnt „und empfing den Krug aus seiner Hand./
Nun lobt ihn meine Seele, die in ihm das Leben fand.“

Die Stimme Jesu sprach zu mir: „Fühlst du dich schwach und leer? / Lebend'ges Wasser geb ich dir; dich dürstet nimmermehr.“ / Ich kam zu Jesus und empfing den Krug aus seiner Hand. / Nun lobt ihn meine Seele, die in ihm das Leben fand.

Die einladenden Aussagen, die Jesus macht, treffen mich an den Stellen meines Lebens, wo ich an meine Grenzen stoße und aus eigener Kraft nicht weiter komme: wenn ich mich niedergeschlagen und bedrückt fühle (Strophe 1), bei meinem Bedürfnis nach Kraft und Erneuerung, wenn er mir zur Quelle des lebendigen Wassers wird, das meinen Durst für immer stillt. 
Oder wenn ich im Strudel meiner Gedanken, der Angst vor dem nächsten Tag, den Weg Gottes nicht mehr zu erkennen vermag und er zu mir spricht: „Ich bin das Licht der Welt. / Sieh her zu mir: Dein Morgen wird durch meinen Glanz erhellt.“  

An diesen Grenzsituationen, wenn Jesus mich liebevoll anspricht („Die Stimme Jesu sprach zu mir“), meine Not, meine Bedürftigkeit erkennt und mir heraus hilft, dann möchte ich glauben: dafür ist er doch gestorben und auferstanden. Damit Jesus meinen Lebensweg – in guten wie in schweren Zeiten – durch seine Liebe erhellt. Über diese Zeit hinaus bis in die Ewigkeit: „Ich sah ihn. ER wurde mir zur Sonne und zum Licht./ Nun werd' ich mit ihm wandern, bis der ew'ge Tag anbricht.“
Was für eine Zukunftshoffnung.
Amen.

Die Stimme Jesu sprach zu mir: „Ich bin das Licht der Welt. / Sieh her zu mir: Dein Morgen wird durch meinen Glanz erhellt.“ / Ich sah ihn an. Er wurde mir zur Sonne und zum Licht. / Nun werd' ich mit ihm wandern, bis der ewge Tag anbricht.
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